Hermann Scheipers

 |  9. Juni 2016

Weil Prälat Hermann Scheipers nach Kriegsbeginn Sondergottesdienste für die vielen polnischen Zwangsarbeiter abgehalten hatte, war er 1940 von der Gestapo im Polizeigefängnis Leipzig inhaftiert worden. Von dort wurde Scheipers Ende März 1941 in das Konzentrationslager Dachau überstellt. Die SS brachte ihn im Priesterblock des Lagers unter. Wie viele andere Geistliche musste er auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen des „Kräutergartens“ Zwangsarbeit leisten. Mit großem Mut – so erinnerte sich Scheipers – habe sich seine Schwester Anna für ihn eingesetzt, als sie durch heimliche Nachrichten davon erfuhr, dass er im Sommer 1942 in den „Invalidenblock“ überstellt worden war. SS-Ärzte hatten insgesamt fast 2.600 Häftlinge im KZ Dachau als „arbeitsunfähig“ eingestuft. Diese „Invaliden“ wurden im Lauf des Jahres 1942 in den Gaskammern der Tötungsanstalt Schloss Hartheim bei Linz ermordet. Doch Hermann Scheipers entging diesen Morden und wurde zurück in die Priesterbaracke verlegt. Denn nach den Protesten katholischer Bischöfe gegen das nationalsozialistische Euthanasiemordprogramm „T4“ wollte die SS-Führung offenbar vermeiden, dass die Morde an den „invaliden“ KZ-Häftlingen öffentlich wurden, und ließ ab 12. August 1942 keine deutschen Geistlichen mehr in Hartheim ermorden.

Kurz vor der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau zwang die Dachauer SS alle reichsdeutschen, jüdischen und sowjetischen KZ-Häftlinge auf einen Todesmarsch in Richtung Süden. Während der quälenden Fußmärsche gelang es Scheipers zu fliehen, dank der Hilfe eines Theologiestudenten und eines Geistlichen konnte er sich bis zum Eintreffen der US-Truppen in Starnberg versteckt halten.

Seit April 1946 wirkte Prälat Scheipers als Kaplan, Administrator und Pfarrer in zahlreichen katholischen Gemeinden der sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR, bis er 1987 in den Ruhestand versetzt wurde. Nach dem Zusammenbruch des SED-Regimes 1990 kehrte er an seinen Geburtsort Ochtrup in Westfalen zurück. Seither berichtete er in Zeitzeugengesprächen unermüdlich über seine Erfahrungen als Häftling im KZ Dachau und als katholischer Pfarrer in der DDR. Für sein Engagement wurde er mit dem deutschen Bundesverdienstkreuz und mit dem Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen ausgezeichnet.