Max Mannheimer (1920-2016)

 |  28. September 2016

Porträt Max MannheimerAm 23. September 2016 ist Max Mannheimer mit 96 Jahren gestorben. Die KZ-Gedenkstätte Dachau trauert um einen Mann, der sich wie kein Zweiter mit seiner ganzen Person eingebracht hat, um gegen das Vergessen anzukämpfen und gleichzeitig als Versöhner aufzutreten. 1985 berichtete der am 6. Februar 1920 im mährischen Neutitschein (Nový Jičín) geborene Max Mannheimer erstmals in einem Beitrag für die „Dachauer Hefte“ über seine Verfolgungsgeschichte und die anschließende KZ-Haft.

Max Mannheimer war das älteste von fünf Kindern einer Kaufmannsfamilie. Erstmals erlebte die Familie die geballte antisemitische Gewalt, als das Sudetenland im September 1938 an das Deutsche Reich angeschlossen wurde. Nach dem Umzug in die noch nicht besetzte Tschechoslowakei holte sie die nationalsozialistische Verfolgung ein, als deutsche Truppen ein halbes Jahr später auch dort einmarschierten. Von da ab musste Max Mannheimer schwere Arbeit im Straßenbau leisten. Er lernte seine erste Frau, Eva, kennen, und sie heirateten im September 1942.

 

Max Mannheimer nach der Befreiung 1945Im Februar 1945 verlegte ihn die SS in das Außenlager Mühldorf-Mettenheim, wo er – und das war für ihn überlebenswichtig – wieder auf seinen Bruder Edgar traf. Schon bald erkrankte Max Mannheimer an Typhus und vegetierte über Wochen mit tausenden anderen jüdischen Häftlingen im dortigen Krankenlager, bis dieses evakuiert wurde. Am 26. April 1945 begann für ihn die letzte Deportation, die ihn unter vielen Gefahren schließlich an den Starnberger See brachte, wo er befreit wurde.

Der Verlust fast seiner gesamten Familie hat Max Mannheimer tief geprägt. Die traumatischen Erinnerungen holten ihn immer wieder ein. Ab den 1950er Jahren gelang es ihm durch seine künstlerische Tätigkeit, den quälenden Gedanken zu entgehen. Im Gedenken an seinen Vater signierte er seine Gemälde mit ben jakov, Sohn des Jakob.

Unmittelbar nach dem Krieg hatte Max Mannheimer vor, Deutschland zu verlassen. Jahre später wurde es seine Lebensaufgabe, öffentlich gegen Rechtsradikalismus und Antisemitismus zu kämpfen. Im Erinnerungsdiskurs wurde er zu einer zentralen Instanz. Unermüdlich engagierte er sich seit den 1980er Jahren als Zeitzeuge für die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus. „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“ Bei seinem Einsatz als Zeitzeuge ging Max Mannheimer nicht als Richter oder Ankläger in die Schulen, sondern als Aufklärer – Schuldzuweisungen an die nachfolgenden Generationen waren ihm fremd. Max Mannheimer engagierte sich in der Lagergemeinschaft Dachau und blieb von 1988 bis zu seinem Tod deren Vorsitzender. Gleichzeitig war er der Vizepräsident des Internationalen Dachaukomitees.

Max Mannheimer auf der GedenkstätteIn der Gedenkstätte Dachau herrscht tiefe Trauer. „Seine Bemühungen um die KZ-Gedenkstätte Dachau, sein unermüdliches Engagement um die Errichtung des Jugendgästehauses in Dachau, seine Tätigkeit für den Verein „Gegen Vergessen für Demokratie“ und nicht zuletzt seine ganz persönliche liebenswerte und doch auch hartnäckige Art, mit der es ihm gelang, seine Vorhaben durchzusetzen, werden uns immer in Erinnerung bleiben. Die Gedenkstätte und ihre Mitarbeiter trauern um einen guten Freund“, so die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, Dr. Gabriele Hammermann.

Mit vielen Auszeichnungen wurde Max Mannheimer für seine Tätigkeiten geehrt: 1993 erhielt er den „Chevalier de la Légion d´Honneur“ der Republik Frankreich, 1994 den „Waldemar-von-Knoeringen-Preis“ der Georg- von- Vollmar Akademie, 2000 die Ehrendoktorwürde der Ludwig-Maximilians-Universität München, 2008 den Wilhelm-Hoegner-Preis der SPD-Landtagsfraktion, 2012 den Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft und im selben Jahr das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. 2010 wurde das Studienzentrum des Dachauer Jugendgästehauses nach ihm benannt.

Sein Tod wird eine große Lücke reißen. Unsere Gedanken sind auch bei seiner Familie und seinen Weggefährten und Freunden. Ein Kondolenzbuch liegt im Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte aus.

Fotos: © Elija Boßler (2), privat