Erinnerung und Familiengedächtnis

Im Gespräch mit Jörg Watzinger

Am Donnerstag, den 15. März 2018, lädt die KZ-Gedenkstätte Dachau herzlich ein zum zweiten Abend der Reihe „Erinnerung und Familiengedächtnis“. Jörg Watzinger berichtet im Gespräch mit Dr. Gabriele Hammermann, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, über das Leben mit seinem Vater Karl Otto, der von Oktober 1941 bis November 1944 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert war.

Jörg Watzinger erinnert sich, dass sein Vater kaum von seiner KZ-Haft sprach, aber immer wieder hörte er zwei Sätze: „Anderen, den rassisch Verfolgten, ging es noch viel schlechter“ und „Ich habe erfahren, was es heißt, völlig rechtlos zu sein“.

Karl Otto Watzinger wird am 17. Mai 1913 in Gießen geboren und wächst in Tübingen in einem bildungsbürgerlichen Umfeld auf. Er entscheidet sich für ein Jura-Studium, das er in Tübingen beginnt und in Berlin fortsetzt. 1939 wird er verhaftet, weil er sich kritisch mit der NS-Politik auseinandersetzt. „Wegen Vorbereitung zum Hochverrat“ wird er zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Er verbüßt die Strafe, wird aber 1941 unmittelbar nach seiner Freilassung ins Konzentrationslager Dachau verschleppt. Dort muss er in der Kleiderkammer arbeiten, „jeder menschlichen Würde beraubt“ und „einer brutalen Macht ausgeliefert“, wie er in seiner Kurzbiografie schreibt. Nach drei Jahren verpflichtet er sich zwangsweise zur SS-Brigade Dirlewanger und wird entlassen, um an der „Ostfront“ zu kämpfen, gerät aber schon vor Kampfeshandlungen in Kriegsgefangenschaft. Im September 1945 kehrt er nach Tübingen zurück.

Nach dem juristischen Referendariat und erfolgter Promotion arbeitet Dr. Karl Otto Watzinger als Rechtsrat der Stadt Ulm, bevor er 1954 als Rechtsbeirat der Stadt Mannheim tätig ist und später Bürgermeister wird. Er ist Mitglied der SPD und engagiert sich schon früh für Mieterschutz, ist Mitbegründer eines Vereins für christlich-jüdische Zusammenarbeit und schreibt Biografien von jüdischen Mannheimer Bürgern.

Noch in seinem 90. Lebensjahr bietet er Führungen über den jüdischen Friedhof Mannheims an. Karl Otto Watzinger stirbt am 30. April 2006 fast 93-jährig in Mannheim. Mit seiner Frau, Anna-Barbara, war er seit 1954 verheiratet. Sohn Jörg wuchs mit zwei jüngeren Geschwistern auf.

Beginn der Veranstaltung ist um 19 Uhr im Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht notwendig.