Gedenkbotschaft Lasar Elly Gotz

Gedenkbotschaft Lasar Elly Gotz

Überlebender des KZ Dachau

 

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(Übersetzung des englischen Transkripts)

Mein Name ist Lasar Elly Gotz, G-O-T-Z. Ich wurde in Litauen geboren. Und ich lebte mit meinen jüdischen Eltern in Kaunas, der damaligen Hauptstadt. Und zwar bis 1941, als die deutsche Armee die Sowjetunion angriff.

Wir wurden im Ghetto eingesperrt. 30.000 Juden. Wir blieben dort drei lange Jahre. Als ich 16 war, waren nur noch etwa 8000 von uns am Leben. Nun rückte die russische Armee heran und die Nazis verkündeten: „Wir liquidieren das Ghetto.“ Liquidierung bedeutete für uns nur eines: Sie werden uns töten. Wir gingen in einen Keller und beschlossen, Selbstmord zu begehen. Meine Mutter war Krankenschwester, sie bereitete Spritzen für uns alle vor, für meine Onkel, meine Tante, meine Eltern und mich. Wir blieben eine ganze Woche lang dort, nichts passierte. Sie haben uns nicht gefunden.

Wir kamen heraus, um nachzuschauen, ob die Russen vielleicht schon da waren. Die deutsche Armee war noch da. Wir gingen zum Zug, sie hatten einen Zug, um uns abzutransportieren. Sobald der Zug abfuhr, haben sie den Rest des Ghettos niedergebrannt. Wer sich in seinem Keller versteckt hatte, wurde getötet. Wir fuhren über Nacht, sehr schlechte Bedingungen, brechend volle Waggons, überfüllt, kein Wasser, kein Essen, keine Toiletten. Wir hielten an der ehemaligen Grenze zu Polen. Sie holten alle Frauen raus. Meine Mutter, meine Tante blieben dort. KZ Stutthof.

Und wir reisten weiter, mein Vater und ich, nach Dachau bei Kaufering, Konzentrationslager I, Dachau. Dort blieben wir 10 lange Monate. Ich hatte meinen 17. Geburtstag in Dachau. Ich war Mechaniker, ich arbeitete. Ich half meinem Vater, mit mir im Innenbereich zu arbeiten. Wir haben irgendwie überlebt. Wir sind verhungert. Wir bekamen nur eine Schüssel Suppe und eine Scheibe Brot am Tag, und die Suppe war nicht nahrhaft. Gemüsesuppe. Wir arbeiteten, und wir starben. Ein Mann kann drei Monate lang arbeiten, ohne zu essen, aber danach ist das ganze Körperfett aufgebraucht und dann stirbt er. In Deutschland nannten sie es ‚Tod durch Arbeit‘. Wir blieben dort zehn Monate lang. Viele Menschen starben, ein Drittel des Lagers war tot.

Nun näherte sich die amerikanische Armee. Sie verfrachteten uns in einen Zug, uns, die Leute in der ‚Krankenstube‘. Ich habe in der Krankenstube gearbeitet, der Lazarettbaracke, mein Vater war dort Patient. Die anderen Häftlinge wurden zu Fuß nach Dachau gebracht, aber wir konnten nicht laufen, also verfrachteten sie uns in den Zug. Wir hatten Angst, dass sie uns im Lager umbringen würden, als wir zurückblieben, aber sie setzten uns in den Zug und brachten uns zum Hauptlager Dachau.

Wir kamen an. Überfüllte Verhältnisse. Sie steckten uns in Baracke Nummer zwei, glaube ich. Vier Etagenbetten übereinander, vier Kojen mit Häftlingen, Schulter an Schulter   gepackt. Kein Platz zum Hinlegen. Und mein Vater, er wog 65 Pfund, er war dabei aufzugeben. Er hatte bereits aufgegeben, er war bereit zu sterben. Ich wollte nicht, ich wollte leben, aber er hatte aufgegeben. Ich war so traurig. Ich weiß nicht, wo meine Mutter ist, und jetzt liegt er im Sterben. Er will sich hinlegen, aber es gibt keinen Platz. Sie zogen eine Leiche heraus, er kroch dort hinein und ich dachte, ich würde ihn morgen früh tot auffinden. Aber am nächsten Tag war er noch am Leben. Ich schlief auf dem Boden. Ich habe ihm die Suppe gebracht. Er konnte nicht aufstehen, um sich in der Schlange anzustellen. Ich habe ihm jeden Tag die Suppe und eine Scheibe Brot gebracht, zwei Tage lang. Am dritten Tag ging ich und holte die Suppe. Er griff nach der Suppe und die Leute rufen: „Die Amerikaner sind da, wir sind frei!“

Ich schaue aus dem Fenster, ich sehe einen Jeep. „Vater, wir haben es geschafft. Sie haben uns nicht umgebracht. Wir sind am Leben.“ Er sagt nur: „Das ist gut. Hast du das Brot?“ Das war mein Moment der Befreiung: „Hast du das Brot?“ Ich war 17 und wog 70 Pfund. Ich fand meine Mutter drei Monate später im Krankenhaus. Ich habe großes Glück gehabt.

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