Nachruf

Maurice Cling (1929–2020)

 |  1. Dezember 2020

Mit großer Trauer hat die KZ-Gedenkstätte Dachau vom Tod Maurice Clings erfahren. Der französische Überlebende war eine wichtige Stimme gegen das Vergessen. Er wird uns als Mahner in lebendiger Erinnerung bleiben, der nie nur das Schicksal seiner eigenen Familie im Blick hatte, sondern stets auf die menschlichen Abgründe des Nationalsozialismus hinwies und vor seinem Wiedererstarken warnte.

Maurice Cling wurde am 4. Mai 1929 geboren. Er wuchs in einer jüdischen Familie in Paris auf und verlebte gemeinsam mit seinem älteren Bruder Willy eine glückliche Kindheit. Im Mai 1944 wurde er mit seiner Familie erst in das Sammellager Drancy und von dort mit dem Convoi 74 in das KZ Auschwitz deportiert. Seine Eltern Jacques und Simone und sein Bruder wurden ermordet, er überlebte, beschützt und versteckt von Mitgliedern der Résistance.

Die SS zwang Maurice Cling am 18. Januar 1945 auf den Todesmarsch nach Dachau, wo er Ende Januar völlig entkräftet ankam. Er erkrankte an Typhus, erfuhr aber auch in Dachau die Solidarität anderer Gefangener. Auf seinem zweiten Todesmarsch von Dachau nach Tirol wurde er schließlich Anfang Mai 1945 von amerikanischen Soldaten befreit. Er kehrte nach Paris zurück und konnte studieren. Er gründete eine Familie und hatte vier Söhne. Später arbeitete er als Publizist und wurde schließlich Professor für Anglistik an der Pariser Universität.

Viele Jahre war Cling für die Amicale d´Auschwitz tätig und vertrat auch als stellvertretender Vorsitzender den Verband FNDIRP (nationaler Verband der Deportierten, Internierten, Widerstandskämpfer und Patrioten). 1999 erschien sein Buch „Un enfant à Auschwitz“, in dem er deutlich machte, dass es nicht genügt, nur zu sagen „Wir können nicht vergessen“ – Maurice Cling forderte ein „devoir de mémoire“ eine „Pflicht zur Erinnerung“. Er war immer wieder zu Gast in Dachau und gab im März 2016 im Rahmen eines Zeitzeugengesprächs Einblick in seine Weltsicht.

Maurice Cling starb am 23. November 2020 mit 91 Jahren. Er wurde am 2. Dezember 2020 auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise begraben.