Namen und Biografien. Der Massenmord an den sowjetischen Kriegsgefangenen 1941 und 1942

Auf dem 1937/1938 zwei Kilometer nördlich vom Dachauer Hauptlager errichteten Schießplatz ermordete die Lager-SS 1941 und 1942 über 4000 sowjetische Kriegsgefangene. Die Opfer waren zuvor in den Kriegsgefangenenlagern der Wehrkreise München, Nürnberg, Stuttgart, Wiesbaden und Salzburg von Einsatzkommandos der Gestapo nach ideologischen und rassistischen Kriterien „ausgesondert“ worden. Insbesondere kommunistische Funktionäre, Angehörige der Intelligenz sowie Juden fielen der Massenmordaktion zum Opfer.

Im Zentrum der Open-Air-Ausstellung stehen die Biografien einzelner Opfer. Von den ursprünglich geplanten sieben Biografietafeln konnten 2014 jedoch nur vier eingeweiht werden. Für die Realisierung einer solchen Tafel benötigt die KZ-Gedenkstätte Dachau neben Unterlagen aus den Archiven auch private Fotos, Ausweise und Dokumente von den Angehörigen. Doch häufig verfügten diese aufgrund der schweren Verwüstungen im Zweiten Weltkrieg durch die Deutschen kaum über solches Material.

Timofej Egorowitsch Chajtschenko, wahrscheinlich Ende 1930er Jahre. Seine Enkelin hat sich nach einem Aufruf in der Komsomolskaja Prawda im Mai 2018 gemeldet und uns dieses Foto zur Verfügung gestellt.

Die KZ-Gedenkstätte Dachau versucht vor allem über Veröffentlichung von Namen in russischen Zeitungen (z. B. der Komsomolskaja Prawda) Angehörige ausfindig zu machen. Auch wenn sich auf diese Aufrufe nur wenige Menschen melden – sie müssen ihre Adressaten erst einmal erreichen –, so erhalten wir von diesen meist sehr emotionale Briefe. Nach oft jahrzehntelanger Suche erhalten viele durch unsere Namensveröffentlichung erstmals Informationen über den Verbleib des vermissten Familienangehörigen im „Großen Vaterländischen Krieg“. Die KZ-Gedenkstätte Dachau arbeitet zurzeit daran, entsprechende Aufrufe auch in Zeitungen in der Ukraine und in Belarus zu schalten.

Die KZ-Gedenkstätte Dachau hat außerdem den Historiker Dr. Reinhard Otto und die Übersetzerin Tatjana Szekely damit beauftragt, weiterhin Namen von Opfern für die Gedenkinstallation „Ort der Namen“ zu recherchieren. Wir gehen davon aus, dass die 866 in Glasmodulen festgehaltenen Namen langfristig mit weiteren ca. 1000 Namen ergänzt werden können. Die KZ-Gedenkstätte Dachau möchte am 22. Juni 2019 neben neuen Biografietafeln mindestens zwei weitere Namensmodule gemeinsam mit den Angehörigen einweihen.

Grigorij Dmitrijewitsch Smirnow (unten, 3.v.r.) mit Kameraden einer Parteizelle der Kommunistischen Partei, Jaroslawl 1922. Dieses Foto und weiteres Material haben wir im letzten Jahr von Familienangehörigen erhalten.

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