Benutzungsordnung

Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau

Gemäß Abschnitt II des Bayerischen Archivgesetzes (BayArchivG) vom 22. Dezember 1989 (BayRS 2241-1- WFK, GVBl S. 710), geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 1999 (GVBl S. 521) wird für das Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau folgende Archivsatzung beschlossen:

§1 Geltungsbereich

Diese Archivsatzung regelt den Umgang mit Archivgut und archivischem Sammlungsgut bei der Archivierung und Benutzung im Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau.

§2 Begriffsbestimmungen

(1)

  1. Archivgut sind alle archivwürdigen Unterlagen einschließlich der Hilfsmittel zu ihrer Nutzung, die bei Behörden, Gerichten und sonstigen öffentlichen Stellen sowie bei natürlichen Personen oder bei juristischen Personen des Privatrechts erwachsen sind.
  2.   Unterlagen sind vor allem Akten, Urkunden und andere Einzelschriftstücke, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterial und sonstige Datenträger sowie Dateien einschließlich der zu ihrer Auswertung erforderlichen Programme.
  3.   Zum Archivgut gehört auch Dokumentationsmaterial, das von den Archiven ergänzend gesammelt wird.

(2)

Archivwürdig sind Unterlagen, die für die wissenschaftliche Forschung, zur Sicherung berechtigter Belange Betroffener oder Dritter oder für Zwecke der Gesetzgebung, Rechtsprechung oder Verwaltung von bleibendem Wert sind.

(3)

Archivierung umfasst die Aufgabe, das Archivgut zu erfassen, zu übernehmen, auf Dauer zu verwahren und zu sichern, zu erhalten, zu erschließen, nutzbar zu machen und auszuwerten.

§3 Stellung und Aufgaben der Archive

(1)

Das Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau verwahrt alle in der Zeit seines Bestehens übernommenen oder erworbenen archivwürdigen Unterlagen sowie die in der Verwaltung der Gedenkstätte anfallenden Unterlagen, die zur laufenden Aufgabenerledigung nicht mehr benötigt werden, und stellt diese zur Nutzung bereit.

(2)

Das Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau berät und unterstützt die einzelnen Bereiche der KZ-Gedenkstätte Dachau im Hinblick auf die Schriftgutverwaltung und die spätere Archivierung.

(4)

Privatpersonen, insbesondere ehemalige Häftlinge oder deren Angehörige, können ihr Archivgut auf der Grundlage von Depositalverträgen in dem Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau deponieren.

(5)

Das Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau fördert die Erforschung der Geschichte des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Dachau sowie der Außenlager des Konzentrationslagers Dachau und der Vor- und Nachgeschichte der Orte. Es unterhält und erweitert Sammlungen von Dokumentationsmaterialien, die für die Geschichte und Gegenwart der Region relevant sind.

(6)

Den Aufgaben der humanitären Schicksalsklärung ehemaliger Häftlinge des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Dachau ist in besonderem Maße Rechnung zu tragen.

§4 Recht auf Benutzung

(1)

Jede Person, die ein berechtigtes Interesse an der Benutzung glaubhaft macht, hat das Recht auf Benutzung von Archivgut im Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau nach Maßgabe dieser Satzung, soweit nicht Schutzfristen, Vereinbarungen zugunsten Dritter oder andere Einschränkungen dem entgegenstehen.

(2)

Ein berechtigtes Interesse ist gegeben, wenn die Benutzung zu persönlichen, amtlichen, wissenschaftlichen, publizistischen oder Bildungszwecken sowie zur Wahrnehmung berechtigter Belange gewünscht wird und schutzwürdige Belange betroffener Personen oder Dritter nicht beeinträchtigt werden.

§5 Möglichkeiten der Benutzung

(1)

Die Benutzung erfolgt in der Regel als Direktbenutzung durch Einsichtnahme in Archivalien im Original oder in der Reproduktion, in archivisches Sammlungsgut oder in Bücher.

(2)

Weiterhin ist eine mündliche oder schriftliche Auskunftserteilung möglich, die eine Vorlage oder Abgabe in Form von Kopien, Abschriften oder anderen Reproduktionen gemäß Gebührenordnung einschließen kann.

(3)

Die Beantwortung von Anfragen kann sich auf Hinweise zu einschlägigem Archivgut beschränken.

(4)

Ein Rechtsanspruch auf Versendung und Ausleihe besteht nicht.

(5)

Über die Art der Benutzung entscheidet das Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau.

§6 Benutzungsantrag

(1)

Die Anträge auf Benutzung des Archivs der KZ-Gedenkstätte Dachau sind bei der Direktbenutzung in Form des Benutzungsantrages zu stellen, wobei der Gegenstand der Nachforschung so genau wie möglich anzugeben und der Benutzungszweck nachzuweisen ist. Bei schriftlichen oder telefonischen Anfragen ist kein Benutzungsantrag zu stellen. Benutzende sind seitens der Archive in geeigneter Form auf ihre Pflichten gemäß Benutzungs- und Gebührenordnung hinzuweisen.

(2)

Auf Verlangen sind dem Benutzungsantrag erweitere Angaben und Unterlagen (Vollmachten oder andere Legitimationen für die Benutzung) beizufügen.

(3)

Benutzende sind zur Einhaltung der Archivsatzung verpflichtet und haben sich auf Verlangen auszuweisen.

(4)

Benutzende sind verpflichtet, von einem Druckwerk, das sie unter wesentlicher Verwendung von Archivgut des Archivs der KZ-Gedenkstätte Dachau verfasst oder erstellt haben, nach Erscheinen des Druckwerkes der Archivverwaltung unaufgefordert ein Belegexemplar unentgeltlich abzuliefern. Ist den Benutzenden die unentgeltliche Ablieferung eines Belegexemplars insbesondere wegen der niedrigen Auflage oder der hohen Kosten des Druckwerkes nicht zumutbar, können sie dem Archiv entweder ein Exemplar des Druckwerkes zur Herstellung einer Vervielfältigung für einen angemessenen Zeitraum überlassen oder eine Entschädigung bis zur Höhe des halben Ladenpreises verlangen. Wenn ein Ladenpreis nicht besteht, kann der Nutzer eine Entschädigung bis zur Höhe der halben Herstellungskosten des Belegexemplars verlangen.

§7 Benutzungsgenehmigung

(1)

Über die Genehmigung des Benutzungsantrages entscheiden die Archivmitarbeiter/innen.

(2)

Die Genehmigung wird nur für den im Benutzungsantrag bezeichneten Zweck und für das laufende Kalenderjahr erteilt.

(3)

Bei der Änderung des Benutzungszweckes oder des Forschungsgegenstandes ist erneut ein Benutzungsantrag zu stellen.

§8 Einschränken oder Versagen der Benutzung

(1)

Eine Erteilung der Genehmigung unter Auflagen oder eine Einschränkung oder Verweigerung der Benutzung kann erfolgen, wenn:

a) die Benutzenden gegen die Archivsatzung verstoßen haben oder die Auflagen (z.B. Anonymisierung von personenbezogenen Daten bei der Veröffentlichung, Nichtabgabe von Kopien oder Abschriften an Dritte) nicht eingehalten haben,

b) der Hauptzweck der Benutzung durch Einsichtnahme in Sekundärquellen erreicht werden kann,

c) der Erschließungszustand der Archivalien eine Benutzung nicht erlaubt,

d) die Archivalien wegen gleichzeitiger dienstlicher oder amtlicher Benutzung nicht verfügbar sind oder

e) durch die Benutzung ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstehen würde.

(2)

Die Genehmigung kann nachträglich widerrufen werden, wenn Gründe bekannt werden, die zur Versagung der Genehmigung geführt hätten, oder die Benutzenden gegen die Archivsatzung verstoßen bzw. die erteilten Auflagen nicht eingehalten haben.

§9 Schutzfristen und deren Verkürzung

Gemäß Art 10, Abs. 3 BayArchivG:

(1)

Soweit durch Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, bleibt Archivgut, mit Ausnahme bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmter Unterlagen, für die Dauer von 30 Jahren seit seiner Entstehung von der Benutzung ausgeschlossen.

(2)

Archivgut, das sich auf natürliche Personen bezieht (personenbezogenes Archivgut), darf erst zehn Jahre nach dem Tod der betroffenen Person benützt werden.

(3)

Ist der Todestag nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist 90 Jahre nach der Geburt der betroffenen Person.

(4)

Archivgut, das besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegt, darf frühestens 60 Jahre nach seiner Entstehung benützt werden.

(5)

Mit Zustimmung der abgebenden Stelle können die Schutzfristen im einzelnen Benutzungsfall oder für bestimmte Archivgutgruppen verkürzt werden, wenn durch Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange betroffener Personen oder Dritter entgegenstehen.

(6)

Bei personenbezogenem Archivgut ist eine Verkürzung nur zulässig, wenn die betroffene Person eingewilligt hat oder wenn die Benutzung zur Erreichung des beabsichtigten wissenschaftlichen Zwecks, zur Behebung einer bestehenden Beweisnot oder aus sonstigen im überwiegenden Interesse der abgebenden Stelle oder eines Dritten liegenden Gründen unerlässlich ist und sichergestellt ist, dass schutzwürdige Belange der betroffenen Person oder Dritter nicht beeinträchtigt werden.

(7)

Die Schutzfristen können mit Zustimmung der abgebenden Stelle um höchstens 30 Jahre verlängert werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt.

(8)

Die Benutzung von Archivgut durch Stellen, bei denen es erwachsen ist oder die es abgegeben haben, ist auch innerhalb der Schutzfristen der voranstehenden Absätze zulässig. Diese Schutzfristen gelten jedoch, wenn das Archivgut hätte gesperrt werden müssen.

§10 Direktbenutzung

(1)

Die Benutzung des Archivgutes erfolgt in der Regel im Leseraum der KZ-Gedenkstätte Dachau.

(2)

Die Benutzung des Archivs der KZ-Gedenkstätte Dachau erfolgt während der festgelegten Öffnungszeiten. Über Ausnahmen entscheidet das Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau.

§11 Ausleihe und Versendung

Archivalien und Sammlungsstücke können unter besonderen Umständen und nur nach Prüfung im Einzelfall durch die Leitung der KZ-Gedenkstätte Dachau zu Ausstellungszwecken ausgeliehen werden. In diesem Falle ist zwischen Leihgeber/-in und Leihnehmer/-in ein Vertrag abzuschließen.

§12 Anfertigung von Reproduktionen

(1)

Soweit der Erhaltungszustand der Archivalien, Sammlungsstücke oder Bücher, die Einhaltung von Schutzfristen oder die Beachtung von schutzwürdigen Belangen Betroffener oder Dritter einschließlich ihrer Persönlichkeits- oder Urheberrechte dem nicht entgegenstehen, können auf Kosten der Benutzenden Reproduktionen angefertigt werden. Ein Anspruch hierauf besteht jedoch nicht.

(2)

Reproduktionen dürfen nur mit Zustimmung des Archivs der KZ-Gedenkstätte Dachau zum angegebenen Zweck und unter Angabe des Archivs der KZ-Gedenkstätte Dachau und der festgelegten Signatur sowie unter Hinweis auf die dem Archiv zustehenden Veröffentlichungs- und Vervielfältigungsrechte vervielfältigt oder an Dritte weitergegeben werden.

§13 Erhebung von Gebühren

Für die Benutzung der Archive werden Gebühren nach Maßgabe der Gebührenordnung erhoben. Auslagen sind zu erstatten.

§14 Quellenangabe

(1)

Bei Veröffentlichungen unter Verwendung von Archivalien, Sammlungsstücken oder Büchern des Archives in der Gedenkstätte Dachau ist folgende Quellenangabe vorzunehmen: „Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau (DaA), [Signatur]“.

(2)

Die Angabe des Archivs der KZ-Gedenkstätte Dachau, des Bestandes und der Signatur ist hierbei zwingend erforderlich. Dasselbe gilt für Zitate in einem selbständigen wissenschaftlichen Werk.

§15 Inkrafttreten

Diese Archivsatzung tritt am ersten Tag des folgenden Kalendermonats nach ihrer Verkündung in Kraft.

 

Dr. Gabriele Hammermann

Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau

 

Dachau, den 12.01.2018