KZ Dachau 1933–1945

1933

Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 errichten die Nationalsozialisten in wenigen Wochen mittels Terrormaßnahmen eine Diktatur im Deutschen Reich. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Verfolgung und Beseitigung der politischen Opposition. Zur massenhaften Inhaftierung der politischen Gegner werden reichsweit Konzentrationslager eröffnet. So auch das Konzentrationslager Dachau. Am 22. März 1933 erreichen erste Gefangenentransporte das Lager, das auf dem Areal einer stillgelegten Pulver- und Munitionsfabrik eingerichtet wurde.

Der Lagerkommandant Theodor Eicke führt im Oktober 1933 eine Lagerordnung ein, die ein brutales Strafreglement für die Häftlinge und Dienstvorschriften für die Lager-SS (Schutzstaffel) beinhaltet. Das Regelwerk institutionalisiert eine Herrschaft der SS über die Gefangenen, die von Willkür und Terror geprägt ist.

Erster Gefangenentransport im Bus vor dem Pförtnerhaus des ehemaligen Fabrikgeländes (Bildrechte: Stadtarchiv München)

Erster Gefangenentransport am Pförtnerhaus des ehemaligen Fabrikgeländes (Stadtarchiv München)

1934

Unter dem Vorwand, die SA (Sturmabteilung) plane einen Staatsstreich („Röhm-Putsch“), lässt Adolf Hitler reichsweit hohe SA-Funktionäre und weitere politische Gegner von der SS ermorden, davon 21 im KZ Dachau. Die Rolle der SS bei diesem Massaker trägt zu ihrem Aufstieg bei. Andere Konzentrationslager, die bisher von der SA bewacht wurden, werden von SS-Einheiten übernommen. Theodor Eicke, mittlerweile zum „Inspekteur der Konzentrationslager“ ernannt, überträgt das von ihm entwickelte „Dachauer Modell“ auf alle weiteren Konzentrationslager.

Heinrich Himmler und Theodor Eicke beim Besuch des KZ Dachau 1934 in heiterer Stimmung, Propagandaaufnahme der SS (Bildrechte: Bundesarchiv)

Heinrich Himmler (l.) und Theodor Eicke (r.), Propagandaaufnahme der SS (Bundesarchiv)

1935

Adolf Hitler beschließt 1935, das KZ-System als dauerhaftes politisches Terrorinstrument einzusetzen und weiter auszubauen. Der Weg für einen permanenten Ausnahmezustand und die Willkürherrschaft der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) und SS unter Heinrich Himmler ist damit geebnet.

Häftlinge mit Email-Näpfen in der Hand in geordneter Reihe, Propagandaaufnahme der SS (Bildrechte: Bundesarchiv)

Häftlinge auf dem Weg zur Essensausgabe im ersten Lager, Propagandaaufnahme der SS (Bundesarchiv)

1936

Mit Ausnahme des KZ Dachau werden alle frühen Konzentrationslager aufgelöst und neue größere Haftstätten errichtet. Neben Regimegegnern werden auch immer mehr Personen aus rasseideologischen und „sozialhygienischen“ Gründen inhaftiert. Dazu gehören sexuelle und ethnische Minderheiten wie Homosexuelle und Sinti und Roma. Auch Personen, die wiederholt Straftaten begangen haben oder einen unangepassten Lebensstil führen, werden als „kriminell“ und „asozial“ verfolgt und in KZ-Haft genommen.

Vier Häftlinge in gestreifter Hose, die stillstehen, Propagandaaufnahme der SS (Bildrechte: Bundesarchiv)

Inhaftierte Roma, Propagandaaufnahme der SS (Bundesarchiv)

1937

Im Jahr 1937 wird mit der Erweiterung des SS-Lagers und dem Neubau eines Häftlingslagers mit einer Kapazität für 6.000 Gefangene begonnen. Häftlinge müssen die Baumaßnahmen unter schwerstem körperlichem Einsatz verrichten. Der Erlass über „die vorbeugende Verbrechensbekämpfung durch die Polizei“ aus dem Jahr 1937 systematisiert das Vorgehen gegen Personen, die als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ verfolgt werden. Die Regelung bildet die Grundlage für die Massenverhaftungen, die im folgenden Jahr im Rahmen der „Aktion Arbeitsscheu Reich“ stattfinden.

Drei Häftlinge bei der Arbeit an den Holzaufbauten des Wachturms, den sie auf dem Jourhaus errichten müssen, Propagandaaufnahme der SS (Bildrechte: Bundesarchiv)

Häftlinge müssen den Wachturm auf dem Jourhaus errichten, Propagandaaufnahme der SS (KZ-Gedenkstätte Dachau)

1938

Nach der Besetzung Österreichs und des Sudetenlandes werden Tausende politische Gefangene, Roma und Sinti sowie Juden aus den okkupierten Gebieten in das KZ Dachau deportiert. Im Zuge der antisemitischen Novemberpogrome im Jahr 1938 werden fast 11.000 jüdische Männer in das KZ Dachau eingeliefert. Die SS misshandelt und erpresst sie, um sie zur Aufgabe ihres Vermögens und zur Emigration zu zwingen.

Viele Männer in Mänteln gehen bewacht von der SS eine Straße in Baden-Baden entlang - es gibt Zuschauer des Zuges, Propagandaaufnahme der SS (Bildrechte: Bundesarchiv)

Deportation von jüdischen Bürgern aus Baden-Baden in das KZ Dachau (Bundesarchiv)

1939

Am 1. September 1939 beginnt der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen. Die SS räumt das Dachauer Häftlingslager gegen Ende September vorübergehend, um auf dem Gelände die SS-Division „Totenkopf“ auszubilden. Über 5.000 Häftlinge werden bis Frühjahr 1940 in die Konzentrationslager Flossenbürg, Mauthausen und Buchenwald verlegt, wo sich ihre Haftbedingungen dramatisch verschlechtern.

Ein großer Steinbruch mit vergleichsweise kleinen Menschen, die ohne Maschinen arbeiten (Bildrechte: Bundesarchiv/Museu d’Historia de Catalunya, Barcelona)

Häftlinge müssen Zwangsarbeit im Steinbruch des KZ Mauthausen leisten (Bundesarchiv/Museu d’Historia de Catalunya, Barcelona)

1940

Ab 1940 werden immer mehr Häftlinge aus den von der Wehrmacht besetzten Ländern in das KZ Dachau eingeliefert. Die Zahl der Häftlinge steigt im Sommer 1940 auf etwa 10.000 Gefangene an. Mit Kriegsbeginn verschlechtern sich die Lebensumstände für die Häftlinge im KZ Dachau drastisch. Die mörderischen Arbeitsbedingungen, die unzureichende Versorgung und die mangelnde Hygiene im Lagern führen zu einem sprunghaften Anstieg der Sterberate

Von oben aufgenommene kahlrasierte Häftlinge in gestreiften Hosen, die stillstehen, Propagandaaufnahme der SS (Bildrechte: Bundesarchiv)

Häftlinge beim Appellstehen, Propagandaaufnahme der SS (Bundesarchiv)

1941

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 wird das KZ Dachau als Hinrichtungsstätte für sowjetische Kriegsgefangene genutzt. Angehörige der Roten Armee, die von der Gestapo als Intellektuelle, Juden oder kommunistische Funktionäre ausgesondert wurden, werden von der Lager-SS erschossen. Die Massenhinrichtungen finden zunächst im Bunkerhof auf dem Lagergelände statt und werden dann auf den SS-Schießplatz Hebertshausen verlegt. Dort ermordet die SS in den Jahren 1941/42 über 4.000 sowjetische Kriegsgefangene.

SS-Mann, der mit ausgestrecktem Arm und Pistole in der Hand auf eine Zielscheibe mit Menschenkontur zielt, (Bildrechte: Privatbesitz Heinz Bielmeier, Dachau)

Schießübung in der rechten Schießbahn des MG- und Pistolenschießstandes in Hebertshausen (Privatbesitz Heinz Bielmeier, Dachau)

1942

Im Rahmen der „Euthanasie-Aktionen 14f13“ des NS-Regimes „selektieren“ SS-Ärzte 1942 im KZ Dachau kranke und nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge. Über 2.500 Gefangene werden in „Invalidentransporten“ in die Tötungsanstalt Schloss Hartheim nach Österreich gebracht. Dort werden sie vom Anstaltspersonal mit Giftgas ermordet. Ab 1942 führen SS-Ärzte im KZ Dachau grausame medizinische Experimente an KZ-Häftlingen durch.

Schloss Hartheim mit Rauchsäule über dem Dach, (Bildrechte: Privatbesitz Wolfgang Schuhmann)

Die Tötungsanstalt Schloss Hartheim mit rauchendem Krematoriumsschornstein (Privatbesitz Wolfgang Schuhmann)

1943

Im Februar 1943 proklamiert die NS-Führung den „totalen Krieg“. Die Mobilisierung aller verfügbaren Ressourcen für den angestrebten „Endsieg“ radikalisiert den bereits 1942 getroffenen Entschluss des NS-Regimes zum großangelegten Einsatz von KZ-Häftlingen als Zwangsarbeiter in der Kriegsproduktion. In der Nähe von Rüstungsbetrieben richtet die SS zahlreiche KZ-Außenlager ein. Bis Kriegsende verfügt das KZ Dachau über ein Netz von 140 Außenlagern vor allem im südbayerischen Raum. Das Stammlager erfährt einen Funktionswandel: Es entwickelt sich zur Sammel- und Verteilstelle von Arbeitssklaven für die Außenlager.

Häftlinge, die an einer fließbandartigen Fertigungsstraße etwas montieren (Bildrechte: BMW Group Archiv, München)

KZ-Häftlinge bei der Zwangsarbeit bei BMW im Außenkommando Allach (BMW Group Archiv, München)

1944

Die Niederlage der Wehrmacht zeichnet sich ab 1944 immer deutlicher ab. Die Rote Armee und die Westalliierten rücken in Richtung der Reichsgrenzen vor. Im Stammlager Dachau kommen laufend „Evakuierungstransporte“ aus frontnahen Konzentrationslagern an, die von der SS aufgelöst wurden. Das KZ Dachau ist mit über 30.000 Häftlingen dramatisch überfüllt. Die katastrophalen Lebensbedingungen führen zum Ausbruch einer Typhusepidemie. In den Außenlagerkomplexen sind die Gefangenen mörderischen Haft- und Arbeitsbedingungen ausgesetzt. Von den etwa 41.500 Menschen, die zwischen 1933 und 1945 ihr Leben verlieren, stirbt über ein Drittel im letzten halben Jahr des Krieges.

Häftlinge, die erschöpft in einem großen Zug eine Straße entlangziehen, (Bildrechte: Stadtarchiv Landsberg am Lech)

Häftlinge aus dem Außenlager Kaufering auf einem „Todesmarsch“ in Landsberg am Lech (Stadtarchiv Landsberg am Lech)

1945

Gegen Ende April 1945 beginnt die SS im KZ Dachau Häftlinge zu evakuieren, um deren Befreiung durch die alliierten Truppen zu verhindern. Mindestens 25.000 Gefangene aus dem Dachauer Lagersystem werden in Gewaltmärschen zu Fuß in Richtung Tirol geschickt oder in Güterzügen abtransportiert. Mehrere Tausend Häftlinge kommen dabei um. Am 29. April 1945 befreien Einheiten der US-Armee das KZ Dachau. Noch am selben Tag gründen Überlebende ein internationales Lagerkomitee. Für Tausende Häftlinge kommt die Rettung zu spät – sie sterben an Entkräftung, Krankheiten und den Folgen der KZ-Haft.

Eine große Menge jubelnder Häftlinge, die an der Lagergrenze vor dem Wassergraben ihre Befreier begrüßen (Bildrechte: USHMM)

Häftlinge begrüßen ihre Befreier (USHMM)