Das KZ-Außenlagersystem und der Außenlagerkomplex Allach

Seit Kriegsbeginn nahm die Bedeutung der Häftlingszwangsarbeit in den Konzentrationslagern sukzessiv zu. Die Gefangenen wurden seit 1942 vermehrt zur Arbeit in Rüstungsbetrieben herangezogen. Dafür wurden KZ-Außenlager direkt in privaten Betrieben eingerichtet, deren Bewachung die SS übernahm. In den Betrieben war dafür das jeweilige Betriebspersonal zuständig.

 

Der "Budapester Schuh" in der Sonderausstellung "Zeitspuren" (Foto: KZ-Gedenkstätte Dachau)

Größe, Arbeitsform und Unterkünfte variierten zwischen den einzelnen KZ-Außenlagern mitunter sehr.  Die Unterbringung der oftmals mehreren hundert Gefangenen erfolgte in leerstehenden Gebäuden oder eigens für die Gefangenen konstruierten Baracken – in vielen Fällen sichtbar für die Zivilbevölkerung. Vor allem der Arbeitseinsatz in Kommandos zur Bombenentschärfung oder in Rüstungsproduktionen, deren Bombardierung durch alliierte Luftkräfte drohte, war lebensgefährlich.

Flächendeckendes Netz von KZ-Außenlagern

Die größten KZ-Außenlager mit mehreren tausend Gefangenen wurden im letzten Kriegsjahr eingerichtet. Als Antwort auf die Zerstörung weiter Teile der deutschen Rüstungsproduktion im Frühjahr 1944 durch alliierte Luftangriffe plante das NS-Regime die Untertageverlagerung der Flugzeugproduktion und der übrigen Rüstungsbereiche. Da für derartig große und mörderische Bauvorhaben nicht genügend KZ-Häftlinge vorhanden waren, wurden seit Mitte 1944 vor allem Juden aus Ungarn und dem Baltikum in die Konzentrationslager Auschwitz und Stutthof deportiert. Dort wurden sie vor Ort nach ihrer Arbeitsfähigkeit selektiert und entweder direkt ermordet oder in die KZ-Außenlager überstellt. In wenigen Monaten entstand im noch bestehenden Herrschaftsgebiet des Deutschen Reiches ein fast flächendeckendes Netz von KZ-Außenlagern.

Ende 1944 befanden sich zwischen 50 und 80 Prozent aller KZ-Häftlinge in KZ-Außenlagern. Die Stammlager wurden zu Drehscheiben für ankommende Transporte und zu Krankenlagern für arbeitsunfähige Gefangene aus den KZ-Außenlagern. Die dortigen Arbeitsbedingungen waren katastrophal: Unterversorgung, Schwerstarbeit, Krankheiten, Kälte und Misshandlungen führten zum enormen Anstieg der Sterberaten. Nach Kriegsende wurden bauliche Überreste der KZ-Außenlager in Bayern und andernorts abgerissen und überformt. Mit ihnen verschwand vielerorts auch das Wissen über das regionale Kapitel der Verfolgung während des Nationalsozialismus.

Der bei Grabungen auf dem Gelände des ehem. Außenlagerkomplexes Allach gefundene Speisenträger. (Foto: KZ-Gedenkstätte Dachau)

Der Außenlagerkomplex Allach

Der Außenlagerkomplex Allach entstand ab 1942. Bis zum Kriegsende mussten dort tausende Häftlinge Zwangsarbeit leisten. Auf dem Gelände der heutigen Siedlung Ludwigsfeld befanden sich zwischen 1943 und 1945 die Dachauer Außenlager „Allach-BMW“ und „OT-Karlsfeld“. Der Außenlagerkomplex Allach war eines der größten Außenlager des KZ Dachau und das zentrale Lager in einem vernetzten System von Außenlagern, die von der Firma BMW im süddeutschen Raum betrieben wurden. Hören Sie hier aktuelle Erkenntnisse zum Außenlagerkomplex Allach von Ausstellungskurator Albert Knoll:

Sonderausstellung „Zeitspuren“

In den Jahren 2016 und 2017 förderten archäologische Grabungen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege auf dem Gelände des einstigen OT-Lagers über 1.000 Objekte aus der KZ-Zeit und den Nachnutzungen des Areals zutage. Knapp 100 dieser Funde stehen im Zentrum der aktuellen Sonderausstellung „Zeitspuren. Der Außenlagerkomplex Allach“ und werden erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Hören Sie hierzu einen Audiobeitrag von Dr. Gabriele Hammermann, der Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau und Projektleiterin des Sonderausstellungsprojekts, zur Ausstellungsidee und den Hintergründen:

Hören Sie außerdem Audio-Beiträge zu zwei besonderen Objekten aus der Sonderausstellung: Kuratorin Anja Henschel spricht über den Budapester Schuh und einen Speisenträger.

Die Audio-Beiträge wurden eigens für die Rubrik „Dachauer Ton-Spuren“ produziert. Weitere Informationen zur Sonderausstellung „Zeitspuren. Der Außenlagerkomplex Allach“ finden Sie auf unserer Website. Dort bieten wir auch Videorundgänge durch die Kurator/innen sowie Grußworte von Überlebenden und Befreiern des Außenlagers an.