Konzept der geplanten Sonderausstellung „Dachauer Prozesse – Verbrechen, Verfahren und Verantwortung im Schatten von Nürnberg”

Während der „Nürnberger Prozess“ mittlerweile ein globaler Erinnerungsort geworden ist und dessen zwölf Nachfolgeprozesse zumindest einer interessierten Öffentlichkeit geläufig sind, stehen die Dachauer Prozesse weiterhin im Schatten von Nürnberg. Mit der für den Jahreswechsel 2021/22 geplanten Sonderausstellung der KZ-Gedenkstätte Dachau sollen sie als historisches Geschehen aus dem weitgehenden Vergessen zurückgeholt, der Öffentlichkeit in zeitgemäßer Form nahegebracht und somit angemessen gewürdigt werden. Dies ist ein dringlicher Auftrag der KZ-Gedenkstätte, die sich am historischen Ort der KZ-Verbrechen und in unmittelbarer Nachbarschaft der Stätten ihrer Aufarbeitung befindet. Die Dachauer Prozesse sind ein Thema von erstrangiger rechtshistorischer Bedeutung, da sie – wie der Hauptkriegsverbrecherprozess in Nürnberg – Teil des US War Crimes Program 1945-48 waren. Sie beschritten im Vergleich zu Nürnberg aber auch andere Wege mit der weiten Ausdehnung des Kreises der Angeklagten und der Heranziehung bestehender völkerrechtlicher Straftatbestände und des amerikanischen Strafrechts zur Ahndung von KZ-Verbrechen.

Der ehemalige Häftling Rudolf Wolf wird im Dachau-Hauptverfahren als Zeuge vereidigt, im Hintergrund links: die Anklagebank, rechts: die Zuschauer/-innen, November 1945,
©KZ-Gedenkstätte Dachau

Der Leiter der Wissenschaftlichen Abteilung Dr. Christoph Thonfeld und die ehemalige Projektmitarbeiterin Yvonne Schäfers erläutern hierzu die Hintergründe der kommenden Sonderausstellung „Dachauer Prozesse – Verbrechen, Verfahren und Verantwortung im Schatten von Nürnberg”:

 

Blick auf die Zuschauer/-innen im Dachau-Hauptverfahren, November 1945,
©KZ-Gedenkstätte Dachau

Die geplante Sonderausstellung soll gleichzeitig für das wichtige Anliegen der KZ-Gedenkstätte, die ehemaligen Prozessgebäude in das Gedenkstättenareal einzubeziehen, Öffentlichkeit herstellen und inhaltliche Vorbereitungen für eine langfristige Erschließung leisten. Denn die von 1933-1945 im KZ Dachau begangenen Verbrechen wurden nicht nur direkt vor Ort juristisch geahndet, die Örtlichkeiten dieser Verhandlungen sind noch existent. In der Ausstellung werden diese authentischen Orte thematisiert und sollen zukünftig der Veranschaulichung dieses Teils der Verbrechens- und Aufarbeitungsgeschichte des Nationalsozialismus dienen. Damit bietet die Sonderausstellung eine großartige Gelegenheit, eine wesentliche, dauerhafte Erweiterung des inhaltlichen Profils der KZ-Gedenkstätte um den zentralen Aspekt der strafrechtlichen Verfolgung von NS-Verbrechen in inhaltlicher, baulicher und öffentlich darstellender Form anzugehen und einem breiteren Publikum zu vermitteln.

Hören Sie hierzu, welche Ausstellungstücke für die geplante Sonderausstellung ausgewählt wurden:

Am 14. Oktober 1946 verfügte der Commanding General der US Forces European Theater, Joseph McNarney, dass die Dachauer Prozesse, die entgegen ihres Namens bis dahin auch an anderen Orten der amerikanischen Besatzungszone sowie in Österreich und Italien stattfanden, ausschließlich in Dachau weitergeführt werden sollten. Der 75. Jahrestag dieser Entscheidung, die US-amerikanische Strafverfolgung von KZ-Verbrechen in Dachau zu zentralisieren, die mit der konzeptionellen Fokussierung der Sonderausstellung zusammenfällt, soll zusätzlich spezifische Aufmerksamkeit generieren. Daher ist das Projekt auf eine Eröffnung zum Jahresende 2021 hin orientiert.

 

Die Audio-Beiträge wurden eigens für die Rubrik „Dachauer Ton-Spuren“ produziert.

Weitere Informationen zu den Dachauer Prozessen erhalten Sie in einem vorherigen Ton-Spuren Beitrag auf unserer Website.