Nachruf

Nachruf Jerzy Kielczewski (1923-2023)

 |  14. Juli 2023

Die KZ-Gedenkstätte Dachau trauert um Jerzy Kielczewski. Der polnische Überlebende der Konzentrationslager Dachau, Natzweiler und Buchenwald starb am 27. Juni 2023 im Alter von 100 Jahren in Pierrefonds, einem Vorort von Montreal in Kanada, wo er seit langem wohnte und sich den Vornamen George gab.

Kielczewski stammte aus dem Westen Polens, wo er im Februar 1923 in einer katholischen Familie geboren wurde. Die Entrechtung der polnischen Bevölkerung nach dem Einmarsch der Wehrmacht im September 1939 erlebte er als 16-jähriger. Ihm widerstrebte es, Untertan  der deutschen Besatzer zu sein und so schloss er sich im folgenden Jahr einer Widerstandsorganisation in seinem Heimatort Poznań an. Die Polizei entdeckte die Gruppe nach kurzer Zeit und Jerzy Kielczewski und viele andere wurden verhaftet. Unter Schlägen gelangten sie in das Fort VII, ein Teil der historischen Festungsanlage, die als Konzentrationslager genutzt wurde. Dort pferchte die Gestapo die Verhafteten in Güterwaggons, die weder mit Wasserbehältern noch mit Toiletten ausgestatten waren. Nach mehreren Tagen erreichte der Zug mit mehr als 600 Gefangenen am 25. April 1940 das Konzentrationslager Dachau. Hier wurde er zu Reinigungs- und Pflastereiarbeiten eingesetzt und war zeitweise auch den besonders schweren Arbeitsbedingungen in dem landwirtschaftlichen Arbeitskommando Plantage („Kräutergarten“) ausgesetzt. Mit Glück entging er einer Selektion von kranken und schwachen Gefangenen, die sicher zu seinem Tod geführt hätte. Schließlich konnte er im Krankenrevier als Pfleger arbeiten.

Über einen Zeitraum von fünf Jahren blieb Jerzy Kielczewski in Konzentrationslagern inhaftiert, bis Juni 1942 und von September 1944 bis Januar 1945 in Dachau, dazwischen in Natzweiler. Im Januar 1945 wurde er aufgrund einer Anforderung von Revierpflegern ins KZ Buchenwald überstellt. Dort erlebte er die Befreiung im April 1945.

Jerzy Kielczewski wanderte anschließend nach Kanada aus, konnte dort studieren und arbeitete später als Zahnarzt. Im hohen Alter trat er immer wieder als Zeitzeuge in seinem neuen Heimatland auf. Die Gedenkstätte Dachau besuchte er zum 70. Jahrestag der Befreiung. Zum 75. Jahrestag und auch in diesem Jahr wäre er gern mit seiner Familie wieder nach Dachau gereist – doch konnte er es erst wegen des Corona-Lockdowns und dann wegen einer Erkrankung nicht realisieren. Im Jahre 2021 schickte er eine Videobotschaft, in der er fragte „How come I survived five years?“ und sich selbst und uns voller Zuversicht die Antwort gab: „How come I’m still alive and feeling well? It must be destiny and God’s will.“

Die vollständige Videobotschaft finden Sie hier.

 

Bild: KZ-Gedenkstätte Dachau