Der Appellplatz in der Erinnerung der Häftlinge
Der Appellplatz war der zentrale Ort des Konzentrationslagers Dachau, an dem die SS Zählappelle und Strafmaßnahmen durchführte. Die Häftlinge wurden gezwungen, sich täglich morgens und abends zum Appell zu versammeln. Häufig brachen während der mitunter stundenlangen Zählappelle kranke und schwache Häftlinge vor Entkräftung zusammen. Über das sogenannte Appellplatzstehen gibt es kaum zeitgenössische Foto-Aufnahmen – lediglich die, die zu Propagandazwecken von der SS inszeniert wurden, sind erhalten geblieben. Erinnerungen und Zeichnungen von ehemaligen Häftlingen veranschaulichen daher diesen Teil des Alltags im Konzentrationslager Dachau.
„Meine Bilder sind wie Bücher; sie sind meine Sprache, mit der ich viel mehr sagen kann als mit Wörtern.“
David Ludwig Bloch
Mehrere Jahre hat David Ludwig Bloch an seinem Gemälde über das Appellplatz-stehen im KZ Dachau gearbeitet. Es zeigt tausende von Häftlingen, die eng nebeneinanderstehen und von bewaffneten SS-Männern mit ihren Hunden bewacht werden. Zahlreiche Scheinwerfer strahlen auf die Häftlinge herab, während das von Bloch gezeichnete Auge, dessen Interpretation als göttliches Symbol umstritten ist, geschlossen ist. Es ist das bekannteste Gemälde von Bloch und befindet sich heute in der Dauerausstellung der KZ-Gedenkstätte Dachau.
David Ludwig Bloch
David Ludwig Bloch wurde am 25. März 1910 in einer jüdischen Kaufmannsfamilie in der Oberpfalz geboren und erlitt bereits in jungen Jahren schwere Schicksalsschläge: Kurz nach seiner Geburt verstarb seine Mutter Selma – ein Jahr später erlitt sein Vater Simon einen Herzinfarkt, welchen er nicht überlebte. Auch David selbst erkrankte als Kleinkind schwer und verlor in der Folge sein Gehör. Als Vollwaise wurde er von Verwandten in seinem Geburtsort Floß aufgenommen und besuchte anschließend die Landestaubstummenanstalt in München und später eine private Gehörlosenschule in Jena. Nach dem erfolgreichen Abschluss einer Lehre zum Porzellanmaler begann Bloch 1934 ein Studium für angewandte Kunst in München. Anfang November 1938 wurde David Ludwig Bloch als Jude im Rahmen der Arisierung von seinem Studium ausgeschlossen. In der sogenannten „Reichskristallnacht“ vom 9. auf den 10. November 1938 wurde er in seiner Wohnung in München verhaftet, in das Konzentrationslager Dachau gebracht und dort am 10. November als Schutzhäftling mit der Haftnummer 21096 registriert. Nach einer vierwöchigen Haftzeit wurde Bloch wieder entlassen – es wurde ihm jedoch nahegelegt, so schnell wie möglich aus dem nationalsozialistischen Deutschland auszureisen. Dies gelang ihm 1940, als er auf einem der letzten Schiffe von Venedig nach Shanghai emigrierte. Dort heiratete er 1946 die ebenfalls gehörlose Chinesin Lilly Cheng Disiu und war als Maler und Künstler tätig.
Im Jahr 1949 emigrierte das Paar in die USA, wo Bloch als Kunstlitograph arbeitete und während Nixons Präsidentschaft das Porzellanservice des Weißen Hauses bemalte. Erst als David Ludwig Bloch im Jahr 1976 das erste Mal wieder nach Deutschland reiste und hierbei auch die KZ-Gedenkstätte in Dachau besuchte, entstand im Anschluss sein berühmter „Holocaust-Zyklus“, bestehend aus Holzschnitten und Acrylbildern. In diesen Werken spiegeln sich die persönliche Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Holocaust, wie auch die Verarbeitung seiner eigenen Erfahrungen im Konzentrationslager Dachau wider. Im Frühjahr 2004 würdigte die KZ-Gedenkstätte Dachau den am 16. September 2002 in Barrytown (New York) verstorbenen Künstler und sein Schaffen mit der ihm gewidmeten Sonderausstellung unter dem Titel „David Ludwig Bloch – Meine Bilder sind meine Sprache“.
Nico Rost
Die folgenden Ton-Spuren befassen sich mit einer allgemeinen Beschreibung des Appellplatzes und den Erinnerungen von Nico Rost an einen Besuch auf dem Gelände des ehemaligen Lagers im Jahr 1955:
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Die Beiträge sind Teil des Audioguides der KZ-Gedenkstätte Dachau, der im Besucherzentrum entliehen werden kann.
Den Appellplatz thematisierte auch ein digitaler Live-Rundgang, der auf unserer Facebook-Seite zu sehen ist.