Solly Ganor (1928–2020)

Die KZ-Gedenkstätte Dachau trauert um den Holocaust-Überlebenden und Zeitzeugen Solly Ganor, der im August 2020 im Alter von 93 Jahren in der Nähe von Tel Aviv verstorben ist.

Solly Ganor wurde 1928 im Memelland mit dem Namen Sally Genkind geboren und wuchs im litauischen Kovno/Kaunas auf. Mit dem Einmarsch der Wehrmacht im Juni 1941 begann sein Martyrium. Als Jude musste er gemeinsam mit seiner Familie in das Ghetto in Kaunas, wo er viele seiner Angehörigen verloren hat und selbst nur knapp dem Tod entging.
Als die Rote Armee näher an Kaunas heranrückte, verschleppte die SS Solly Ganor gemeinsam mit seinem Vater und einigen seiner Freunde in das KZ Stutthof bei Danzig und von dort aus in das Außenlager Landsberg-Kaufering des KZ Dachau, wo er unter menschenunwürdigen Bedingungen Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie verrichten musste. Im April 1945 wurde Solly Ganor auf einen der sogenannten Todesmärsche geschickt, wo er am 2. Mai von amerikanischen Soldaten befreit wurde.
1948 wanderte Solly Ganor nach Israel aus, gründete eine Familie und baute sich eine neue Existenz in Israel und den USA auf. Wie viele seiner Freunde versuchte auch er die Vergangenheit hinter sich zu lassen und schwieg über die Erlebnisse in Ghetto und KZ. Eine Begegnung mit einem der Befreier veränderte sein Leben und zwang ihn, sich intensiv damit auseinanderzusetzen. Er tat das im engen Kontakt mit seinen ebenfalls aus Litauen stammenden Freunden Uri Chanoch und Abba Naor, mit denen er sein Schicksal teilte. Solly Ganor trat seit Anfang der 1990er Jahre immer wieder als Zeitzeuge auf, in Israel, wie auch in den USA und Deutschland. Seine Lebensgeschichte veröffentlichte er zuerst auf Englisch unter dem Titel „Light one Candle“ (1995), die zwei Jahre später mit dem Titel „Das andere Leben“ herauskam. Er war häufig zu Gast in der KZ-Gedenkstätte Dachau und in Kaufering.
Die KZ-Gedenkstätte widmete Solly Ganor und der Geschichte des Ghettos Kaunas im Jahr 2008 eine Ausstellung mit Texten von Ganor, die mit Fotos des Ghettofotografen George Kadish bebildert war. Nach langer Krankheit ist Solly Ganor im August 2020 in seiner Heimatstadt in der Nähe von Tel Aviv / Israel im Alter von 93 Jahren verstorben.

(Foto: Elija Boßler)