Podiumsdiskussion

Mehrgenerationengespräch zur Sonderausstellung „Dachauer Prozesse“

 |  18.07.2022  | 19:00—21:00

 

Mehrgenerationengespräch zur Sonderausstellung „Dachauer Prozesse“

mit Nachkommen des ehemaligen Dachau-Kommandanten Martin Gottfried Weiß

 

Programm

Begrüßung
Dr. Gabriele Hammermann, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau

Im Gespräch
Dr. Ralph Schwerdt, Sohn des ehemaligen Dachau-Kommandanten Martin Gottfried Weiß, mit seiner Frau Helga und ihrem Sohn Tammo mit Dr. Christoph Thonfeld, Leiter der Wissenschaftlichen Abteilung der KZ-Gedenkstätte Dachau

Im Anschluss
Fragen aus dem Publikum

 

Seit dem 29. April 2022, dem 77. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau, zeigt die KZ-Gedenkstätte Dachau die neue Sonderausstellung „Dachauer Prozesse – Verbrechen, Verfahren und Verantwortung“. Neben dem Fokus auf das Leiden und die Perspektive der Opfer, die die Ausstellung prägen, rückt auch zunehmend die Auseinandersetzung mit dem Denken und Handeln der Täter in den Blick, die für ein umfassendes Verständnis der NS-Verbrechensgeschichte bedeutsam ist. Zu diesem Teil der NS-Vergangenheit im familienbiografischen Kontext ein kritisches, öffentlich vermitteltes Verhältnis zu entwickeln, ist eine wichtige Aufgabe, der sich bis heute nur sehr wenige Menschen zu stellen bereit sind.

Um zu einem solchen Umgang zu ermutigen und in den Dialog mit denen zu kommen, die bereit waren, diesen Weg zu gehen, begrüßt die KZ-Gedenkstätte Dachau Dr. Ralph Schwerdt, den jüngeren Sohn des ehemaligen Dachau-Kommandanten Martin Gottfried Weiß, seine Frau Helga und ihren Sohn Tammo. Sie werden über den familiären Umgang mit der Verbrechensgeschichte ihres Vaters, Schwiegervaters und Großvaters sprechen. Es geht hierbei besonders um den Umgang mit der langjährigen SS-Karriere eines nahen Angehörigen und dessen verantwortliche Teilnahme an den Verbrechen im KZ Dachau als familiäres Erbe aus der Sicht der nachfolgenden Generationen.

 

Martin Gottfried Weiß

trat bereits im April 1933 in die Wachmannschaft des KZ Dachau ein, wurde in der Folge zum Lageringenieur ernannt und 1938 zum Adjutanten des Lagerkommandanten Hans Loritz befördert. Im April 1940 erhielt Weiß den Auftrag, das KZ Neuengamme bei Hamburg zum eigenständigen Hauptlager auszubauen, wo er im November den Kommandantenposten übernahm. Am 1. September 1942 wurde Weiß Lagerkommandant im KZ Dachau. Ab November 1943 bis Mai 1944 war Weiß Kommandant des Konzentrations- und Vernichtungslagers Majdanek. Anschließend wurde er Amtschef z. b. V. in der Amtsgruppe D des WVHA und war ab November 1944 als höchstrangiger SS-Offizier für den Dachauer Außenlagerkomplex Mühldorf zuständig. Im Dachau-Hauptprozess wurde Weiß am 13. Dezember 1945 zum Tode verurteilt und am 29. Mai 1946 im Gefängnis Landsberg hingerichtet.

 

 

Die kritische Auseinandersetzung der Familie Schwerdt mit dem negativen Familienerbe ist eng mit der KZ-Gedenkstätte Neuengamme verbunden. Helga Schwerdt führte dort schon regelmäßig Besuche mit Schulklassen durch, als sie und ihr Mann Ralph sich für ein Seminar der Gedenkstätte zum Thema „Ein Täter, Opfer, Zuschauer, Mitläufer in der Familie?“ anmeldeten. Der daraus entstehende Austausch wurde zusätzlich durch das Interesse ihres Sohnes Tammo an der Geschichte des Großvaters vertieft, wodurch sich der Einstieg in eine intergenerationelle Verständigung über die familiäre Verarbeitung der NS-Täterschaft eines Vorfahren entwickelte.

 

Ort

Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte Dachau, Pater-Roth-Str. 2a, 85221 Dachau

Der Eintritt ist kostenlos, es ist keine Anmeldung vorab notwendig.

 

Bildnachweis:
Titelbild u. Bild groß Mitte (Verlesung Todesurteil): NARA, Washington D.C.; Porträt: KZ-Gedenkstätte Dachau, courtesy of Victor L. Wegard; Profil: United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of Stuart McKeever